Mentale Gesundheit ist in Neuseeland ein ernstes Problem, besonders für junge Menschen und die Māori-Bevölkerung. Hohe Selbstmordraten und zunehmende psychische Belastungen sind ein deutlicher Hinweis auf die Dringlichkeit des Problems. Die Ursachen sind vielfältig: Armut, Isolation, der Verlust von Kultur und Identität sowie der Druck, der durch die moderne Gesellschaft entsteht, spielen eine Rolle. Im Vergleich zu Ländern wie Deutschland und den USA bietet Neuseeland ein gutes Maß an psychischer Gesundheitsversorgung, steht jedoch vor Herausforderungen, insbesondere bei der Ressourcenzuteilung und dem Zugang zu spezialisierten Diensten.
Das System im Überblick
Das neuseeländische Mental Health System umfasst eine breite Palette von Diensten, die vom Health NZ verwaltet werden. Diese bieten Unterstützung für Menschen jeden Alters, wobei es spezielle Angebote für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gibt.
Dienstleistungen für Jugendliche und Erwachsene
- Primary Care: Der Hausarzt (GP) ist oft der erste Ansprechpartner für psychische Probleme. Er kann eine erste Diagnose stellen und bei Bedarf an Spezialisten überweisen. GPs arbeiten häufig mit Psychologen und anderen Fachkräften zusammen.
- Community Mental Health Services: Diese richten sich an Menschen mit schwereren psychischen Problemen. Sie bieten umfassende Unterstützung, von Beratung über Therapie bis hin zur Medikation. Speziell für unter 18-Jährige gibt es Jugendpsychiatrie-Teams, die eng mit Schulen und Familien zusammenarbeiten.
- Youthline und Schulberatung: Junge Menschen haben Zugang zu speziellen Diensten wie der Youthline, einer rund um die Uhr verfügbaren Hotline, die Unterstützung und Beratung bietet. Darüber hinaus haben Schüler in Neuseeland Zugang zu schulischen Beratungsdiensten, die ihnen bei psychischen Problemen helfen können. Diese Angebote machen es Schülern oft leichter, frühzeitig Unterstützung zu erhalten. Allerdings endet dieser bevorzugte Zugang meist mit dem 18. Lebensjahr, was den Übergang zur Erwachsenenversorgung erschwert oder teilweise vollständig unterbrechen kann. Es ist daher kein Zufall, dass besonders junge Erwachsene mehr Probleme haben, die durch Faktoren wie Einstieg in die Arbeitswelt oder Universität noch verstärkt werden.
- Crisis Services: In akuten Fällen gibt es rund um die Uhr verfügbare Krisendienste, die sofortige Hilfe bieten. Für Jugendliche gibt es spezielle Hotlines und mobile Krisenteams. Diese zentrale Hotline wie Lifeline, die von der Regierung betrieben wird. Allerdings gibt es anders als in den USA nur wenige gemeinnützige Organisationen die Hotlines anbieten.
- ACC (Accident Compensation Corporation) ist eine staatliche Versicherung in Neuseeland, die alle Einwohner und Besucher des Landes bei Unfällen absichert, unabhängig davon, wer für den Unfall verantwortlich ist. ACC übernimmt die Kosten für medizinische Behandlungen, Rehabilitation und in manchen Fällen auch den Verdienstausfall. Ein besonderer Aspekt von ACC ist, dass sie auch in bestimmten Fällen Unterstützung bei psychischen Gesundheitsproblemen bietet. Wenn psychische Gesundheitsprobleme direkt durch einen Unfall oder eine Verletzung verursacht werden, wie beispielsweise eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) nach einem schweren Unfall, kann ACC für die erforderliche Therapie und Behandlung aufkommen. Dieses System ersetzt das Recht auf zivilrechtliche Klagen im Zusammenhang mit Personenschäden, sodass die Betroffenen keine Schadensersatzklagen einreichen müssen, sondern stattdessen die Leistungen der ACC in Anspruch nehmen können.
- Stationäre Versorgung: In schweren Fällen bieten psychiatrische Krankenhäuser und stationäre Einrichtungen intensive Betreuung. Es gibt spezielle Stationen für junge Menschen, die auf deren spezifische Bedürfnisse eingehen.
Private Dienstleistungen
Private Anbieter, darunter Psychologen und Kliniken, ergänzen das öffentliche System und bieten oft spezialisierte Behandlungen. Diese sind jedoch kostenintensiv, und vieleVersicherungen decken diese nicht ab. Solche Anbieter sind relativ selten und Psychater, Therapeuten und Kliniken haben teilweise Wartezeiten von 6-12 Monaten.
Herausforderungen und Vergleich
Trotz der umfassenden Versorgung gibt es in Neuseeland Herausforderungen, wie lange Wartezeiten und regionale Unterschiede in der Verfügbarkeit von Diensten. Im Vergleich zu Deutschland und den USA ist die Versorgung in Neuseeland breit gefächert, jedoch nicht immer gleich zugänglich. Während Deutschland oft auf präventive Maßnahmen setzt, ist das neuseeländische System stark auf akute Interventionen fokussiert. In den USA wiederum variiert die Qualität der Versorgung stark je nach Region und Versicherungsstatus.
Allerdings gibt es ein grossen Unterschied zwischen Theorie und Praxis, den wir im zweiten Teil dieser Serie näher beleuchten.