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Visa-Anträge dauern immer länger


Nicht nur für die Antragsteller jeglicher Visa herrscht derzeit eine lange Ungewissheit und ein zehrendes Warten, auch für die neuseeländischen Arbeitgeber bedeuten die langen Bearbeitungszeiten von beispielsweise Work Visa, immense finanzielle Einbußen. Die Einwanderungsbehörde hat jetzt ihr Vorgehen und die Verzögerungszeiten offiziell erklärt – immer mehr Anträge und ein Anstieg der Betrugsfälle auf 88 % seien schuld an der Misere.

Die leidige Geschichte des Forstunternehmers Jason Koia ist nur eine von vielen Beispielen, wie auch neuseeländische Unternehmer unter den drastischen Visa-Verzögerungen leiden. Er beschäftigt derzeit 24 Vollzeitarbeitskräfte, darunter zehn aus Übersee. Um diese Saison alle Pflanzungen durchführen zu können, benötigt er weitere 40 Arbeitskräfte. Schon jetzt musste er einen Großauftrag absagen, da ihm das Personal fehlt – das bedeutet einen Brutto-Umsatzverlust von mehr als 500.000 NZD. Auf der anderen Seite hat die neuseeländische Regierung sich selbst das Ziel gesetzt, bis 2028 ein Milliarde Bäume zu pflanzen, um eine Niedrig-Emissions-Wirtschaft betreiben zu können, den Naturschutz zu fördern und dauerhaft Arbeitsplätze zu schaffen. Allerdings werden auf dem heimischen Markt keine Arbeiter gefunden.

Auch Neuseeland-Experte und langjähriger Einwanderungsberater Peter Hahn kennt die Problematik: „In Neuseeland herrscht derzeit eine extrem niedrige Arbeitslosenquote. Nur 4,2 Prozent Arbeitslosigkeit zählt in westlichen Ländern ja schon nahezu als Vollbeschäftigung.“ Auch seine Kunden müssen lange auf die Bearbeitung ihrer Visa warten, berichtet er. „Einer meiner Kunden aus Sri Lanka hatte eine Jobzusage. Bis sein Arbeitsvisum letztendlich durch war, hatte in dem Betrieb nach Monaten der zuständige Mitarbeiter gewechselt und die neue Person wusste gar nichts mehr von der geplanten Anstellung. Das gab natürlich eine große Aufregung. Am Ende bekam er den Job trotzdem. Aber so etwas ist natürlich für alle Beteiligten extrem unschön. Jetzt stehen wir vor der Herausforderung, dass natürlich die verheiratete Frau und das Kind meines Kunden nach Neuseeland kommen wollen. Derzeit wird allerdings einer von drei Partnerschafts-Visa-Anträgen abgelehnt. Da muss man heute bis ins Detail arbeiten, um zum Erfolg zu kommen. 

Immigration New Zealand hat unterdessen erklärt, weshalb es derzeit zu so langen Bearbeitungszeiten kommt. Die Anzahl der Anträge sei unerwartet hoch, so dass es zu massiven Verzögerungen bei der Abarbeitung käme. Hinzu kämen die Schließung diverser Büros in und außerhalb Neuseelands, sowie die Umstellung auf das Einreichen per Online-Verfahren. Einer der wichtigsten Gründe sei jedoch die nahezu Verdopplung der Visa-Anträge, bei denen versucht werde, mit Unwahrheiten zum Ziel zu kommen. Die Betrugsrate sei um 88 % gestiegen. Besonders aus Ländern wie Indien, Südostasien und Osteuropa käme es gehäuft zu solchen Fällen. Immigration New ZealandManagerin Jeannie Melville erklärte, manchmal seien es betrügerische Bankkonten, unterstützendes Kapital, bei dem es keine gesicherte Herkunft gäbe, gefälschte Zeugnisse und viele andere Faktoren, die den Rückschluss auf Betrug bei der Antragstellung zuließen.

Diese Problematik resultierte letztendlich darin, dass die neuseeländische Einwanderungsbehörde nun alle Fälle nach hohem und niedrigem Risiko einstuft. Dabei wird allerdings nicht nur zugrunde gelegt, aus welchem Land der Antragsteller kommt. Nur die Fälle, die als ‚Low Risk‘ eingestuft werden, können tatsächlich zügig bearbeitet werden. „Das genau ist das Problem“, erklärt der Einwanderungsberater Peter Hahn. „Diese angebliche hohe Zahl von Betrugsfällen führt zur absoluten Überreaktion der ohnehin schon oft unerfahrenen Mitarbeiter. Sie können da nicht unterscheiden, wodurch auch meine deutschen Kunden nun extrem betroffen sind. Alle Verfahren dauern. Neulich wurde doch tatsächlich die Berufserfahrung eines Kunden angezweifelt, weil es die Schreinerei, bei der er in den 1980ger-Jahren gearbeitet hatte, nun heute nicht mehr gab – trotz korrektem Arbeitszeugnis.“

Dies treibt die Anzahl der sonst oft völlig unnötigen zusätzlichen Anträge in die Höhe, weiß Peter Hahn. „Aufgrund der unendlich langen Wartezeiten, muss jemand, der beispielsweise die Residency beantragt hat, meist auch ein Arbeitsvisum beantragen, um dann nach mehreren Monaten endlich beim Arbeitgeber anfangen zu können. Sofern das neuseeländische Unternehmen überhaupt so lange warten kann. Ähnlich ist es bei Studentenvisa. Viele Antragsteller müssen dann zusätzlich noch ein Besuchervisum stellen, um überhaupt einreisen zu können. Einer meiner Kunden fand einen Arbeitgeber, der recht flexibel war mit dem Startzeitpunkt der Beschäftigung. Aus Kostengründen haben wir dann nur den Residence-Antrag gestellt und kein extra Arbeitsvisum beantragt. Prompt kam die Frage der Behörde, warum wir kein Work Visa beantragt hätten. Der Sohn der Familie wurde in dieser Zeit fünf und sollte hier in die Schule gehen. Obwohl das Verfahren nahezu abgeschlossen war, kann dann auch noch der Antrag auf ein Student Visa nötig werden, damit er überhaupt in Neuseeland zur Schule gehen darf, bis die Residency endlich durch ist. Meiner Meinung nach sind die vielen Anträge ein Übel der langen Wartezeiten bei der Bearbeitung. Antragsteller müssen so häufig den Zeitraum der langen Bearbeitung ihres eigentlichen Antrags überbrücken.“

Seit den 1990ger-Jahren hat sich nichts wirklich Grundlegendes in der Einwanderungspolitik Neuseelands geändert. „Fine-Tuning gab es schon immer aber das Grundsystem basierend auf Punkten und Quoten ist stets geblieben – seit nahezu 30 Jahren!“, erinnert der Einwanderungsberater aus seinen 25 Jahren Berufserfahrung. Für ihn liegt die Grundproblematik der Behörde auf der Hand: „Jedes Jahr hören wir in unseren Tagungen von neuen Managern die gleichen Worte ‚Wir müssen besser werden.‘ –  ich kann es nicht mehr hören. Die Angestellten der Einwanderungsbehörde haben derart schlechte Arbeitsbedingungen und eine miserable Bezahlung, so dass 40 Prozent aller Mitarbeiter nach einem Jahr gehen. Keine richtige Ausbildung, keine Erfahrung, keiner will den Job machen. Das ist meiner Meinung nach, die Ursache des Problems. Von den Firmen verlangt Immigration New Zealand eine ordentliche Bezahlung aber selbst schaffen sie es nicht, ihre Leute unter anständigen Voraussetzungen zu beschäftigen. Es bräuchte keine neuen Regularien, wenn die vorhandenen einfach gut und nach Ermessen und Erfahrung umgesetzt werden könnten.“

248 gute Mitarbeiter wurden bei den Schließungen der verschiedenen Contact Centre der Behörde vor über einem Jahr entlassen.  Auf der anderen Seite werden nun händeringend Leute gesucht. „Kein Wunder, dass man Außenstellen in Mumbai und China einrichtet. Dort ist Personal noch billiger“, regt sich Peter Hahn auf. „Die Einwanderungsgeschichte ist wirklich ein simples Business. Durch die Quotenregelungen bestimmt man im Vorfeld genau, wie viele Kunden man maximal haben möchte. Welches andere Unternehmen auf dem freien Markt kann diese Prognosen schon machen? Dennoch gelingt es der Behörde nicht, ihr Geschäft erfolgreich zu führen. Das ist wirklich ein Armutszeugnis.“

Lange Wartezeiten, komplizierte Verfahren, genauste Prüfungen und verworrene Online-Antragstellung – der Bedarf an Immigrationsberatung steigt. „Die Kosten für eine Einwanderung steigen stetig, denn auch für uns, werden die Verfahren immer zeitaufwendiger und komplizierter“, resümiert Peter Hahn. „Viele Kunden trauen sich schon gar nicht mehr irgendetwas im Verfahren selbst zu machen. Das ist momentan leider die traurige Realität.“

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