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Der Weg nach Trump

Was tun ?

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Erst die Flüchtlingskrise, dann der Brexit und jetzt die amerikanischen US-Wahlen mit Donald Trump als neuem Präsidenten Amerikas. All diese Weltgeschehnisse machen sich auch im abgelegenen Neuseeland deutlich bemerkbar. Die Zahl der Einwanderungsinteressierten in die ‚grüne Oase’ Neuseeland nimmt deshalb stetig zu. Die neuseeländische Regierung hat bereits mit einigen Verschärfungen im Einwanderungsrecht reagiert, um die Flut der potenziellen Immigranten einzudämmen. Doch die aktuelle Lage bleibt spannend.

Die kanadische Immigrationsseite brach bereits wenige Stunden nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse Amerikas zusammen. Viele Bürger wollten einfach nur der ‚Trump-Realität’ entfliehen. „Auch wir konnten 56.300 Zugriffe auf unsere neuseeländische Internetseite in den ersten 24 Stunden nach der US-Wahl messen“, erklärt Greg Forsythe, Marketing Manager von Immigration New Zealand. „Normalerweise erhalten wird etwa 3.000 Registrierungen jeden Monat über unsere Webseite, in den letzten 24 Stunden waren es alleine 7.287 von US-Bürgern, die Interesse gezeigt haben, in Neuseeland zu studieren, zu arbeiten oder zu investieren“, kommentiert Forsythe den aktuellen Ansturm auf seine Einwanderungsbehörde. Auch die Online-Auktionsplattform Trade Me, das neuseeländische Ebay stellte erheblichen Mehrverkehr auf ihren Seiten aus den USA fest. „Tausende von Amerikanern interessieren sich für unsere Job- und Immobilienseiten. Wir registrierten alleine 90.000 Suchanfragen aus den Vereinigten Staaten innerhalb der vergangenen neun Tage“, resümiert Logan Mudge, externer Communication Advisor der Internetplattform. „Auch bei uns ist momentan viel los“, bestätigt der deutsche Immigrationsberater Peter Hahn aus Wellington. „Wobei da wohl die Jahreszeit mit dem Winter der nördlichen Hemisphäre und viele Weltgeschehnisse den momentanen Andrang multiplizieren.“

Viele Amerikaner sind geschockt über den Wahlsieg Trumps und beunruhigt über ihre Zukunft im eigenen Land. Da lockt ein grünes Neuseeland mit weniger Einwohnern und friedlicher Naturidylle jetzt umso mehr.  Selbst Rod Drury, Boss des neuseeländischen Giga-Konzerns Xero, welche eine erfolgreiche Accounting Software entwickelt hat, versprach, qualifizierten Amerikanern jetzt bei der Immigration nach Neuseeland zu helfen. „Wir sind immer an gutem ausländischen Personal interessiert und unterstützen natürlich auch ‚US-Refugees’ nach der Präsidentschaftswahl“, scherzte er in einem Interview. Auch die Wellingtoner Firma Creative HQ bekundete Interesse an US-Personal. Die neuseeländische Massey Universität erhielt bereits unzählige Bewerbungsschreiben aus Amerika und freut sich nun über den Andrang kreativer und hochprofessioneller Lehrkräften aus den Vereinigten Staaten.

Für viele Arbeitskräfte kommt eine Einwanderung über die Skilled Migrant Category in Frage. „Momentan wurde die geforderte Punktezahl hier jedoch durch den gefühlten Druck auf die Infrastrukturen des Landes, insbesondere in Aucklands, auf 160 erhöht. Das ist derzeit ein relativ hohes Niveau. Im Dezember 2003 hatten sie diese Einwanderungsschiene jedoch kurzzeitig komplett zugemacht und später dann mit 200 Punkten wieder aufgemacht. Da haben wir hier im Büro über einen Zeitraum von sechs Monaten nicht einen einzigen Antrag eingereicht. Insofern sind die momentan geforderten 160 Punkte für einige Bewerber schon noch gut zu erreichen. Meist bedeuten die Anträge heute allerdings mehr Arbeit für uns, wir müssen unser Knowhow einbringen und häufig viel mehr Zeit investieren. Auf der anderen Seite treffen Kunden die Entscheidung, nach Neuseeland zu immigrieren, unter diesen Umständen auch nicht mehr leichtfertig.“

Viele Kunden des Immigrationsanwaltes begrüßen dennoch die hohen Anforderungen Neuseelands bei der Einwanderung – wie beispielsweise den geforderten Englischtest. „Sie akzeptieren das Prozedere und finden die strikteren Richtlinien und gezielten Auswahlverfahren hier absolut sinnvoll.“

Es sind jedoch nicht nur ‚Skilled Migrants’ aus Amerika, also qualifizierte Arbeitskräfte, die derzeit vermehrt nach Stellen in Neuseeland suchen. „Auch viele Unternehmer und Investoren versuchen, aus den USA nach Neuseeland zu gelangen und sich über die Investor Kategorie zur Einwanderung zu bewerben“, weiß Peter Hahn. „Früher waren US-Amerikaner ohnehin die größte Gruppe der Investoren bevor chinesische Kapitalbesitzer sie von Platz eins verdrängten. Momentan interessieren sich unzählige amerikanische Investoren für Neuseeland. Die Gesamteinwanderungsquote in dieser Kategorie pro Jahr liegt jedoch bei nur 300“, so der Immigrationsberater. Laut seiner Schätzung könnte es durchaus sein, dass die Auswahlkriterien noch einmal verändert, und die Punktezahl weiter angehoben wird. „Das würde dann bedeuten, dass die Investoren noch mehr Geld nach Neuseeland mitbringen müssten. Ich denke aber auch, dass momentan gerade einige Amerikaner, jetzt erst einmal die politische Entwicklung nach den Wahlen abwarten wollen.“

Durch die neuseeländischen Medien gingen auch Portraits über Amerikaner, die bereits in Neuseeland leben und ihre Bestürzung über das Wahlergebnis kundtaten. Beispielsweise Leslie Allen lebt seit fünf Jahren in Whangarei und reiste stets zwischen Neuseeland und den USA hin und her. „Nachdem Trump jetzt ins Weiße Haus einzieht, habe ich keinerlei Intentionen mehr, in meine alte Heimat zurück zu fliegen“, kommentierte sie. „Er ist ein reicher Bully und rassistischer Amerikaner! So ein Wahlausgang ist wirklich schrecklich.“ Die Amerikanerin hatte ursprünglich das Land wegen des schlechten Gesundheitswesens und der schockierende Waffenpolitik verlassen.

Die neuseeländische Heimatfluglinie Air New Zealand machte sich den Wahlausgang in Amerika sofort zu nutze. Sie sprang auf das verstärkte Interesse an Aotearoa auf und initiierte kurzum ein neues Video mit dem Titel ‚Election hangover cure’. Hier werden alle Amerikaner zu einem Neuseelandurlaub eingeladen, um sie erst einmal von dem Wahl-Schock zu erholen. Mit attraktiven Landschaftsbildern und verzweifelten Tweets von US-Bürgern wirbt Air New Zealand so für grüne Hügel und viele mögliche Freizeitaktivitäten. Das Clip wurde jedoch vor den Erdbeben vom 14. November 2016 veröffentlicht.

Der britische Ethologe Richard Dawkins (Autor ‚The God Delusion’) fasste den Brexit und den Wahlsieg Trumps als zwei ‚Katastrophen’ zweier großer englischsprachiger Nationen zusammen. Beim Wahlgang hätte der große Anteil der ungebildeten, anti-intellektuellen Wähler durch seine Mehrheitsposition diese schockierenden Ergebnisse bestimmt. Besonders die Wissenschaft beider Länder würde dadurch extrem hart getroffen. Im gleichen Atemzug prognostizierte der Verhaltensforscher, dass Neuseeland so etwas wie das ‚Athen der modernen Welt’ werden könnte. Dort könnte man die cleversten Köpfe der Welt wieder vereinen und so zum wissenschaftlichen Vorteil der ‚tief zivilisierten kleinen Nation’ nutzen und aus den Weltgeschehnissen profitieren.

„Immigration wird in jedem Land immer zur Stimmungsmache im Wahlkampf. Bei diesem Thema geht jede Partei auf Stimmenfang -und das nicht nur in den USA. Die gesamte Weltbevölkerung scheint derzeit migrieren zu wollen. Auch in Neuseeland ist die Einwanderung bei jeder Wahl eines der Wahlthemen und wird in entsprechenden Kampagnen von den verschiedenen Parteien genutzt“, weiß Peter Hahn aus seiner über 20jährigen Erfahrung nur allzu gut.

Welche Migrationsbestrebungen die Wahl Trumps in Amerika dann tatsächlich hervorruft, bleibt abzuwarten. Ob durch den Brexit letztendlich viele Wissenschaftler nach Neuseeland umsiedeln, wird sich ebenso in den kommenden Monaten zeigen. Die Erdbebengefahr in Aotearoa könnte den Ansturm an Einwanderungsinteressierten durchaus auch wieder eindämmen.

 

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