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Erklären die Maori Lego den Krieg?

Vor 200 Jahren lernte das kämpferische Volk der Maori, dass sich Freundlichkeit im Umgang mit Europäern nicht unbedingt auszahlt: Ihr Land wurde konfisziert, Krankheiten wurden eingeschleppt, Sprache und Kultur ausgerottet. Wer meint, die Kolonialisierung hätte längst ein Ende, der irrt: In Kinderzimmern auf der ganzen Welt – dort, wo sich gelber Plastikstein auf rotem türmt -, da wütet das imperialistische Übel unbarmherzig weiter. Lego ist der letzte Feind der Maori. Nur kommt statt dem Kriegsbeil aus Jade jetzt ein anderes furchterregendes Instrument zum Einsatz: das Recht auf geistiges Eigentum.

Vor acht Jahren fiel irgendeinem ausgeschlafenen Neuseeländer auf, was Lego so alles in seinem “Bionicles”-Sortiment führt: Eine sechsköpfige und in allen Gliedmaßen verrenkbare Kriegerschar befreit die Eingeborenen der tropischen Insel Mata Nui – was erschreckend nach Rapa Nui, der polynesischen Osterinsel, klingt. “Einst waren sie die mächtigen Toa Inika”, so heißt es online in Lego-Deutsch. “Aber jetzt haben die Kräfte der Maske sie in Unterwasserkrieger verwandelt, die Toa Mahri! Bewaffnet mit Cordakblastern, neuen Waffen und neuen Masken, müssen die Toa Mahri den bösen Barraki gegenübertreten, um das Leben in Mata Nui zu retten! Werden sie es schaffen?”

Es kommt noch schlimmer. Die Bewohner von Mata Nui sind Tohunga. Das wiederum ist das Maori-Wort für Heiler. Da blinkten selbstverständlich sofort alle Lichterketten höchsten Rassismusalarm. Der Raub hält auch 240 Jahre nach Käptn Cook an! Im Namen dreier Maori-Stämme meldete sich ein neuseeländischer Anwalt beim dänischen Spielzeuggiganten und drohte mit Klage: Die Namenswahl der Bionicles – zum Beispiel Pohatu, was “Stein” bedeutet – sei beleidigend für seine Klienten. Wie einst Asterix und Obelix in Gallien, so lehnte sich das listige wie trotzige Völkchen aus der Südsee gegen den kapitalistischen Profitmacher aus Europa auf.

Gekämpft wurde auf allen Ebenen. Auf der Bionicle-Webseite “BZPower” tauchte ein Hacker auf, der drohte: “Ich gebe euch 24 Stunden, dieses board zu schließen und den Missbrauch der Maori-Kultur und Geschichte zu stoppen.” Er meinte es ernst, auch wenn er “Leggo” statt Lego tippte, was streng genommen einen üblen Missbrauch der Kultur und Geschichte des zusammensteckbaren Plastikspielzeugs bedeutet, aber im Rest der Welt ohne Nachhall blieb. Eine Stunde, nachdem der Thread geschlossen wurde, infiltrierte der Hacker den Server und brachte ihn kurz vor den Kollaps.

Ob es am “Maori-Cyberterroristen”, so “BZPower”, oder am Maori-Anwalt lag: Auf jeden Fall erklärte sich Lego nach einigem Hin und Her bereit, zukünftig polynesisches Kulturgut im bionischen Sortiment sprachlich einwandfrei zu würdigen. Da dürfte wohl auch ein hübsches Sümmchen an die angeblich Geschädigten geholfen haben. Doch jetzt ist das Friedensabkommen zwischen Lego und Maori plötzlich in akuter Gefahr. Toa Pohatu und Toa Kopaka, zwei tapfere Bionicle-Krieger, sind im Internet von 17,99 Dollar auf schlappe 8,99 Dollar reduziert worden. Es kann sich nur um Stunden handeln, bis Hacker und Anwälte gegen diese Demütigung einschreiten.

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