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Neuseeländische Immigration-Statistik zeigt: das Punktesystem funktioniert – Eigenlob oder Tatsachenreport?

Studien kontra Realität

Studien kontra Realität

Immigration New Zealand hat kürzlich die neusten Forschungsergebnisse über die Effizienz und den Erfolg ihres Punktesystems in der Skilled Migrant Category veröffentlicht. Die Einwanderungsbehörde zeigt sich mit der Auswertung durchweg zufrieden: „94 Prozent unserer so genannten Skilled Migrants haben nach drei Jahren feste Jobs und verdienen durchschnittlich 30 Dollar pro Stunde. Einwanderer mit höheren Qualifikationen haben es sogar geschafft, deutlich höhere Einkünfte zu erzielen“, resümiert Vasantha Krishnan, Vorsitzende des Research-Teams im Departement of Labour.

Doch spiegeln diese Ergebnisse tatsächlich die Realität des Einwanderungssystems wider? Neuseeland-Experte und Einwanderungsanwalt Peter Hahn kennt das System seit fast 20 Jahren. „Das neuseeländische Einwanderungssystem hat sich seit vielen Jahren kaum verändert. Eigentlich besteht es in seinen Grundzügen bereits seit 1987 und seither wird immer nur Feintuning betrieben. Ob nun exakt dieses System im Weltvergleich tatsächlich so gut funktioniert ist allerdings fraglich. Das kommt schon immer sehr auf die Perspektive an.

Wenn man bedenkt, wie viel finanzieller Aufwand schon alleine betrieben wird, um dieses System aufrecht zu erhalten, wird die Effizienz fraglich. Es gibt Einwanderungsbehörden in unzähligen Städten in Neuseeland, in Auckland sogar drei Büros. Dann haben viele der neuseeländischen Botschaften weltweit einen integrierten Einwanderungs-Service. Daneben übersieht die Immigration Advisor Authority die Praxis der Einwanderungsberater und darüber eigens eingesetzte Richter und so weiter. Das sind natürlich unglaubliche Investitionen, mit denen der neuseeländische Staat hier bereits in Vorleistung geht, um dann die geeigneten Einwanderer zu finden, welche die Wirtschaft ankurbeln sollen!“

Die Forschungsstudie „Points of Difference“ zeigt unter anderem, dass geschulte Einwanderer, die für ein Job-Angebot mit Punkten belohnt wurden, mindestens genauso gute Einkünfte erzielen, wie Bewerber, die zur Zeit ihres Residence-Antrags bereits mit einem Work Visa in Neuseeland arbeiteten. Grundziel der Behörde ist es, die Lücken im einheimischen Arbeitsmarkt mit qualitativ hochwertigem Personal zu füllen, welches sich schnell in die neuseeländische Arbeitswelt integriert und zum Wirtschaftswachstum des Landes beiträgt.

„Die Schablonenqualifikationen von denen die Einwanderungsbehörde ausgeht, zeigen leider nicht immer die tatsächlichen Lücken im Arbeitsmarkt. Da gibt es viel Lobbyarbeit einzelner Interessensgruppen, die dafür sorgen, dass gewisse Berufe es dann auf die Skill Shortage Liste schaffen, andere Sparten, wo tatsächlich Mangel an Personal herrscht, der innerhalb des Landes nicht gedeckt werden kann, tauchen jedoch nicht auf“, gibt Peter Hahn zu bedenken. „Und der Erfolg so eines Punktesystems ist natürlich auch nur bedingt messbar. Die Ausbildung eines deutschen Kaufmanns würde beispielsweise nicht anerkannt, was die Einwanderung für ihn deutlich erschwert. Trotzdem haben einige deutsche Kaufleute sich in Neuseeland behaupten können.“

Erst vor kurzem ging durch die Presse, dass Neuseeland nicht genügend Wissenschaftler für die acht Forschungsinstitute von Crown Research hervorbringt und ein dauerhafter Mangel an qualifizierten Forschern im Land bestehe. „Dazu muss man wissen, dass viele Forscher zunächst nach der Ausbildung erst einmal über den Tellerrand sehen wollen und in die USA oder nach Europa gehen, um Erfahrung auf dem internationalen Markt zu sammeln“, erklärt der Neuseeland-Experte. „Und nicht zu vernachlässigen ist auch, dass die Forscher in Neuseeland oft wesentlich weniger verdienen als ihre Kollegen in Übersee.“

Ob das neuseeländische Einwanderungssystem nun wirklich funktioniert, spielt für die Einwanderungswilligen auch keine Rolle, sie müssen sich innerhalb des Systems behaupten und die nötige Punktzahl erreichen, um sich für eine Aufenthaltsgenehmigung in Neuseeland zu qualifizieren. „Das positive Resultat der Statistik ist, dass die Behörde mit ihrem System zufrieden zu sein scheint und nur in kleinen Bereichen weiter nachbessern möchte“, erklärt Peter Hahn die momentane Situation. „Ich erwarte folglich keine großen Neuerungen für meine Kunden. Die einzige Gefahr könnte allerdings sein, dass der Level des Englischtests weiter angehoben wird. Dann würden etwa 50 Prozent meiner Kunden daran scheitern. Das wäre dann zwar Feintuning aber ein großer Einschnitt auch für die deutschen Bewerber. Würde die Punktegrenze beim IELTS-Sprachtest wie schon in den 1990er Jahren noch einmal angehoben, beispielsweise von Level 6.5 auf Level 7, hätten viele der Bewerber selbst mit guten Englischkenntnissen keine Einwanderungschancen mehr, weil sie den Sprachtest nicht bestehen“, gibt Peter Hahn aus seiner langjährigen Erfahrung heraus zu bedenken. „Ich hielte hier ein System ähnlich wie dem in der Investor Category für sinnvoll. Dort muss man im Englischtest einen Mindestlevel erreichen und für bessere Ergebnisse bekommt man zusätzliche Punkte.“

Positiv ist jedoch, dass jeder Bewerber den IELTS-Englischtest nun so oft wiederholen darf, wie er möchte, ganz ohne Wartezeiten. Die Kosten liegen allerdings bei etwa 300 Dollar in Neuseeland und bei rund 200 Euro in Deutschland. Der Test ist dann zwei Jahre gültig.

Autorin: Anja Schönborn, Wellington

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