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Steuersystem in Neuseeland: Kompliziert oder einfach?

Erst kürzlich ging ein Aufruhr durch die neuseeländischen Medien, die Steuerpolitik im Land der Kiwi sei zu kompliziert, kosten- und zeitaufwändig. Besonders für kleinere Unternehmen, die 90 Prozent der neuseeländischen Businesswelt ausmachen, wäre die hiesige Steuergesetzgebung zu bürokratisch. Gerade jetzt wo das Steuerjahr in Neuseeland am 31. März zu Ende ging, würde das durchschnittliche Kleinunternehmen über 5.500 Dollar in die Hand nehmen müssen, um den Lohnsteuerjahresausgleich und weitere Formulare für Finanzamt und ACC, die staatliche Unfallversicherung, auszufüllen.

„Das ist ja schon fast Jammern auf hohem Niveau“, meint Neuseeland-Experte Peter Hahn dazu lachend. „Viele Kiwis haben eben noch nie mit komplizierteren Systemen zu tun gehabt. Im Gegensatz zu Deutschland, ist das Steuersystem unglaublich simpel. Klar, wird es auch hier immer bürokratischer, aber grundlegend kann man sagen, es ist einfach und überschaubar, auch für deutsche Einwanderer.“

Hier einige Eckdaten:

  • Das neuseeländische Steuerjahr beginnt am 1. April und endet am 31. März
  • Vom Gehalt abgezogen werden lediglich die Einkommensteuer und die Abgabe zur staatlichen Unfallversicherung (ACC)
  • Die Lohnsteuer ist leichter zu durchschauen. Die Sätze sind wie folgt gestaffelt:
  • Von 0 NZ$ – 14.000 NZ$ bezahlt man 10,5% Steuern
  • Von 14.000 NZ$ – 48.000 NZ$ bezahlt man 17,5% Steuern
  • Von 48.000 NZ$ – 70.000 NZ$ bezahlt man 30% Steuern
  • Alles oberhalb von 70.000 NZ$ wird mit 33% besteuert

Ganz entscheidend ist jedoch, dass man beispielsweise bei einer Gehaltserhöhung nicht automatisch in eine andere Steuerklasse fällt. Nur die Beträge die über der jeweiligen Steuergrenze liegen, werden entsprechend höher versteuert, nicht das gesamte Einkommen. Verdient jemand zum Beispiel das Durchschnittsgehalt von 58.000 NZ$ im Jahr, werden die ersten 14.000 NZ$ Einkommen mit 10,5% besteuert, 34.000 NZ$ mit 17,5% und nur die letzten 10.000 NZ$ mit 30%.

  • Festangestellte können steuerlich keinerlei Ausgaben absetzen, der Arbeitgeber erledigt die Kommunikation mit dem Finanzamt, so dass in den meisten Fällen nicht einmal ein Lohnsteuerjahresausgleich nötig ist
  • Freiberufler, Unternehmer und Selbstständige können je nach Berufssparte ähnliche Ausgaben absetzen wie in Deutschland
  • Die Umsatzsteuer/Mehrwertsteuer beträgt pauschal für alle Produkte bei Kauf und Verkauf 15%
  • Bis zu bestimmten Einkommensgrenzen gibt es gestaffelt eine dem Kindergeld ähnliche finanzielle Unterstützung des Staates
  • In Neuseeland gibt es keine Spekulationssteuer oder Spekulationsfrist für Immobilien (auch nicht beim Verkauf von Mietobjekten)

 

„Zu letztem Punkt muss man sagen, dass dies der Grund ist, weshalb viele Neuseeländer ihre Immobilien als Altersvorsorge kaufen. Im Laufe des Lebens erarbeiten sie sich mehrere Häuser, kaufen, renovieren und verkaufen dann wieder zum höheren Preis. I Alter leben viele Neuseeländer so von den Mieteinnahmen ihrer Immobilien“, erklärt Peter Hahn aus seiner langjährigen Erfahrung. „Betreibt allerdings jemand den Hauskauf- und -verkauf als Geschäft, gerät er in eine Grauzone und muss dann unter Umständen die erzielten Gewinnsummen als normales Einkommen versteuern.“

Auch die in Deutschland üblichen Steuerprüfungen von Unternehmen seien in diesem Stil und Umfang in Neuseeland eher ungewöhnlich, so der Einwanderungs-Experte. „Ich höre immer wieder von deutschen Kunden, dass die Steuerprüfer tagelang im Büro einfallen, jede Rechnung umdrehen und während dieser Zeit vom Unternehmer auch noch bewirtet werden. Meine Erfahrung in Neuseeland hat gezeigt, dass Steuerprüfungen hierzulande eher gezielt und industriebezogen durchgeführt werden, um einen Industriezweig zu analysieren. Es werden beispielsweise in einer Aktion alle Taxifahrer kontrolliert oder eben Immobilien-Spekulanten. Die Prüfungen werden dann jedoch zumeist mit deren Steuerberatern abgewickelt. Es ist eher die Ausnahme, dass ein Finanzbeamter tatsächlich in den Büroräumen auftaucht.“

Was viele Kiwis und auch Einwanderer oft bei der Gründung eines Unternehmens nicht bedenken, nach einem Jahr wird sowohl die Steuer für das vergangene Jahr fällig, als auch kurz darauf die sogenannte „Provisional Tax“, die Vorsteuer für das kommende Jahr. Diese berechnet sich nach den Einnahmen des Vorjahres. „Wer dann auch noch die Mehrwertsteuer abzuführen hat und nicht entsprechend Geld beiseite gelegt hat, dem können diese Zahlungen ans Finanzamt nach einem Jahr leicht das Genick brechen“, warnt Peter Hahn.

Grundsätzlich kann man festhalten – das neuseeländische Steuersystem ist transparenter und nicht so komplex wie das Deutsche. Aber ganz ohne Bürokratie geht es leider auch in Neuseeland nicht.

Autorin: Anja Schönborn, Wellington

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